Ob man bergige Regionen, Küstengebiete, Wälder oder auch weite Ebenen zum Wandern bevorzugt, Wanderreisen in Europa werden stets sämtlichen Ansprüchen gerecht. Im Norden, wie zum Beispiel Norwegen, findet man ursprüngliche Fjordlandschaften vor, in Österreich dominieren die Alpen und in der Toskana findet man sanften Hügellandschaften. Der wohl bekannteste Wanderweg von Frankreich nach Spanien ist der Jakobsweg.
Die Alpen zu Fuß überqueren, wie es damals 218 v. Chr. Hannibal mit den Elefanten bei seinem Marsch nach Rom getan hatte. Der Reiz dieser Wanderung ist die ständige Wandelbarkeit der Landschaften, der Vegetationszonen und der Lebensgewohnheit und Dialekte der Menschen.
Der Wechsel von Kuppe und Tal und der Ansporn und Wille sich selbst zu verwirklichen, zu sich zu finden und zur Ruhe zu kommen - einfach vom Alltag abschalten.
Überblick
Der eigentliche Europäische Fernwanderweg E5 verläuft von Point du Raz in der Bretagne an der französischen Atlantikküste über die Alpen bis nach Verona an der Adria. Das Teilstück Oberstdorf-Meran verläuft nur zur Hälfte auf dem E5, die letzte Etappe ab Similaun sind nicht mehr Teil des Fernwanderwegs, aber genau dieser Abschnitt ist eines der Höhepunkte auf der Strecke. Bei der sechstägigen Bergwanderung erhält der Wanderer tolle Panoramen und trotz der körperlichen Beanspruchung auch Erholung. Auf der Strecke werden zuerst die deutschen (Allgäuer Alpen), danach die österreichischen Alpen (Lechtal, Inntal) überquert. Am Ende gelangt man über die Pitztaler Alpen durch das Schnalstal nach Meran. Die Strecke ist geschätzte 150 km lang, pro Tag erwarten den Wanderer zwischen 10-20 km Tagesmarsch. Alpenvereine, Gemeinden und Alpbauern pflegen die uralten Saumpfade und Wege auf der Strecke. Bei jeder Tagesetappe werden 800 bis 1200 Höhenmeter durchlaufen. Zweimal werden Höhen über 3000 m erreicht. Ruhepausen zwischen den Etappen von mindestens 12 Stunden sind wichtig, diese finden entweder in Berghütten oder in Pensionen/Hotels im Tal statt. Die beste Reisezeit ist zwischen Mitte August bis Ende September. In diesem Zeitraum sind die Temperaturen am angenehmsten und die Altschneefelder sind soweit zurückgeschmolzen, dass man sicher darüber gehen kann.
„Langsam angehen lassen“, Eingewöhnungs- und Akklimatisierungsphase
Zu Beginn ist es wichtig, dass man ausgeruht die Alpenüberquerung beginnt, d.h. die Anreise nach Oberstdorf/Spielmannsau am Vortag des geplanten Beginns ist sinnvoll. Die Gehzeit am ersten Tag ist auf drei Stunden angesetzt und es werden 850 Höhenmeter durchlaufen. Tagesziel ist die Kemptner Hütte auf 1844 Meter. Anfangs durchläuft man das Trettachtal mit seinem stürmischen Wildbach, die Trettachspitze erinnert an das Matterhorn. Bis zur Materialseilbahn der Kemptner Hütte sind noch breite Wege vorhanden danach folgen Pfade und Steilstücke. Eine kleine Kapelle mit dem Namen „Marterl“, erinnert an den 350 Jahre alten Pilgerpfad auf dem man sich zwischen Oberstdorf und Holzgau befindet. Am frühen Nachmittag wird die Kemptner Hütte erreicht, das zweitgrößte Schutzhaus in den Allgäuer Alpen. Hier werden Betten und Lagerplätze von den Wirtsleuten verteilt.
Am zweiten Tag wird mit einer Gehzeit von sechs Stunden gerechnet. Anfangs erwartet den Wanderer ein halbstündiger Aufstieg aufs Mädeljoch (1974 m). Hier wird die österreichische Grenze überschritten und es folgt der Abstieg nach Holzgau, einem kleinen Dorf, das bekannt für die „Schwabenkinder“ ist. In den Weltkriegen war Holzgau sehr arm, daher wurden die Kinder nach Deutschland geschickt. Von Holzgau folgt eine 13 km lange Fahrt mit dem Bus ins Madautal. An der Materialseilbahn wird der Rucksack abgegeben um zur Memminger Hütte (2242 m) in etwa 2 ½ Stunden aufzusteigen.
Den passenden Zeitpunkt für die Wanderung gewählt?
Neun Stunden Gehzeit sind für den heutigen Tag vorgesehen. Zu Beginn steht der Anstieg auf die 2599 Meter hohe Seescharte bevor. Hier muss im Frühsommer mit der Überquerung von steilen Schneefeldern gerechnet werden, daher spielt der Zeitpunkt der Tour eine wichtige Rolle. Dem folgt ein fünfstündiger Abstieg durch das unberührte Lochbachtal nach Zams bei Landeck im Inntal (780 m). Mit der Venetbahn wird auf den Krahberg (2208 m) gefahren, um von dort auf dem zweistündigen Höhenweg zur urigen Galfunalm, das Ziel des Tages, zu laufen.
Am vierten Tag wird mit einer Gehzeit von fünf Stunden gerechnet. Die erste Tagesetappe ist der Abstieg nach Wenns im Pitztal und die anschließende Fahrt mit dem Postbus um 13 Uhr nach Mittelberg (1734 m). Von dort folgt der Aufstieg auf 2758 m zum Tagesziel, der Braunschweiger Hütte. Viele Wanderer können die Nacht über nicht gut schlafen, weil die knapp 3000 m Höhe sich bemerkbar machen.
Der siebenstündige Wandertag beginnt mit dem Aufstieg zum Pitztaler Jöchl auf 2996 m. Hier ist die Chance sehr hoch, rudelweise Steinböcke zu sehen. Dem Aufstieg folgt der Abstieg ins Sommerskigebiet Sölden und anschließend die Busfahrt zum Tiefenbachferner. Von dort geht es auf dem Panoramaweg nach Vent. Dieses Bergdorf ist berühmt für den „Gletscherpfarrer“ Franz Senn, ein Pionier des Alpinismus. Von 1860 – 1872 war er Pfarrer in Vent, seine Kirche war damals Stützpunkt für Bergsteiger. Er war das erste Mitglied des Österreichischen Alpenvereins, ihm verdankt man auch die vielen Wege und Schutzhäuser, die er zu seiner Zeit bauen ließ. Letzte Etappe für den Tag ist der zweistündige Aufstieg zur Martin-Busch Hütte (2501 m).
Am frühen Morgen des letzten Tages geht es noch weiter nach oben, zum höchsten Punkt der gesamten Strecke, zur Similaunhütte, die sich auf 3019 Metern befindet. Hier verläuft auch die Grenze nach Italien. Die Hütte liegt unterhalb der Fundstelle des „Ötzi“, die mit einer Steinsäule gekennzeichnet ist. Nun folgt ein steiler Abstieg durch das Tisen- und Schnalstal. Am Vernagt-Stausee angekommen ist das Ende der Route erreicht von dort gelangt man mit dem Bus nach Meran.
Alpenüberquerung
Highlights
Ein Naturschauspiel erleben
Vor Holzgau (2. Tag) darf der Wanderer mit einer Attraktion rechnen. Die Simmser Wasserfälle im Höhenbachtal werden oft als Fotomotive der Tour genutzt. Im Frühsommer sind wegen der Schneeschmelze die Wasserfälle in eine Gischtwolke gehüllt.
Sonnenuntergang in den Lechtaler Alpen
Der Abendspaziergang von der Memminger Hütte aus zum Seewiessee, indem das Bergpanorama im Wasser wiedergespiegelt wird. Am Seekopf, nördlich der Hütte können oft Steinböcke beobachtet werden.
Für diejenigen, die noch höher möchten
Nach einem zweiten Frühstück in der Similaunhütte (6.Tag) kann man sich für den etwa dreistündigen Auf- und Abstieg zum Similiaun (3606m) entscheiden. Von dort ist einer der schönsten Weitblicke über die Bergwelt garantiert.
Das letzte Mal „Hüttenatmosphäre“ genießen
In dem alten Südtiroler Bergbauernhof „Tisenhof“ mit Blick auf den funkelnden Vernagt Stausee findet die letzte Einkehr statt. Dort hat man die Gelegenheit die vielen, neuen Eindrücke der letzten Tage zu verdauen.
www.oberstdorf.de – Ausgangspunkt der Route, Informationen über Übernachtungen, etc.
www.meran.eu - Endpunkt der Route, Allgemeine Informationen (Hotel, Wetter, Restaurants)
Tipps für eine stressfreie Reisen
Um Stauungen auf den Hütten zu vermeiden ist der Beginn der Alpenüberquerung unter der Woche sehr sinnvoll. Am Wochenende starten meist die Bergschulen mit den geführten Touren. In den Rucksack sollte man nur das Nötigste packen - optimal sind 8 kg. Die Kleidung nach dem „Zwiebel-Prinzip“ wählen, d.h. mehrere dünne Sachen übereinander anziehen. Die ständige Beobachtung des Wetters auf der gesamten Route ist sehr wichtig, z.B. Luftdruck, Wind, Wolken. Ein ausgedruckter Wetterbericht vor Reisebeginn ist nicht sinnvoll, da mit ständigem Wetterwechsel zu rechnen ist. Bei schlechtem Wetter (Regen, Schnee, Gewitter) lieber einen Tag länger auf der Hütte bleiben. Der Rat der Hüttenbesitzer ist auch immer sehr wertvoll.
Video zur Rundreise Alpenüberquerung auf dem Fernwanderweg E5 -Oberstdorf-Meran
Kurzfilm über den Wanderweg.Spieldauer: ca. 5,30 Minuten; in Farbe, Sprachen: -